Am 23. Oktober ist der Todestag des beliebten Königs Chulalongkorn Rama V der Große, und ein Feiertag in Thailand. Allerorts werden Gedenkfeiern abgehalten und an den Statuen des Königs Blumengirlanden und Opfergaben niedergelegt. Ämter, Behörden und Banken sind an diesem Tag geschlossen.
Chulalongkorn wurde am 20. September 1853 geboren und starb am 23. Oktober 1910, nach 42 Jahren Regentschaft in denen er mit groß angelegten Reformen den Grundstein für das Thailand legte, wie wir es heute kennen.
Bildung stellte früh die Weichen
Prinz Chulalongkorn war der älteste Sohn von König Mongkut Rama IV und Königin Debsirindra. Auch König Mongkut erkannte bereits die Zeichen der Zeit und ließ dem Prinzen eine umfangreiche und breit aufgestellte Bildung zukommen, sowohl nach siamesischen als auch nach westlichen Konzepten. Er erhielt unter anderem Englischunterricht von Anna Leonowens, die dafür extra an den Hof von Bangkok reiste.
Ihr Leben am königlichen Hof wurde erstmals 1946 unter dem Titel „Anna und der König von Siam“ verfilmt, dann 1956 als Musical mit dem Titel „The King and I“, 1972 als Fernsehserie und 1999 als Zeichentrickfilm und als Realfilm mit Judie Foster unter dem Titel „Anna und der König“, den manche von euch vielleicht noch kennen.
Unter Regentschaft
Im August 1868 beobachteten der 15 Jahre alte Prinz und sein Vater die Sonnenfinsternis im Dschungel von Südthailand, und infizierten sich dabei mit Malaria. König Mongkut verstarb noch im Oktober desselben Jahres. Prinz Chulalongkorn wurde vom Großen Rat zum König gewählt, als sein Regent bis zur Volljährigkeit wurde Chaophraya Si Suriyawong, seines Zeichens Chefminister der Südprovinzen und des Militärs, bestimmt.
Der junge König führte seine Studien fort, er studierte Biologie, Schwertkunst, Ingenieurwesen, Englisch, Anthropologie, Europäische Politik und Militärwissenschaft, und er reiste. In jungen Jahren bereiste er niederländische und britische Kolonialgebiete um dort die europäisch geprägte Verwaltung kennen zu lernen. Begleitet wurde er von jungen Prinzen und Aristokraten die später zu seinem engsten Unterstützerkreis werden sollten und als „Partei Junges Siam“ bezeichnet wurden, so wie vom britischen Generalkonsul. Später führte sein Weg ihn auch nach Europa.
Reform, Reform, Reform
König Chulalongkorn dürstete es nach Reform und Modernisierung. Noch 1870, drei Jahre vor seiner Volljährigkeit, gründete er ein Amt für Rechnungsprüfung, um staatliche Einnahmen der Kontrolle mächtiger, aristokratischer Familien zu entziehen. 1873 folgte als regierender König die Gründung einer nach europäischem Vorbild organisierten Finanzbehörde. Eine einschneidende Veränderung war auch die Gründung des Staatsrates im Mai 1874, dessen zentrale Aufgabe es war Reformvorschläge zu erarbeiten. Im August des gleichen Jahres wurde der Kronrat eingeführt, dessen Mitglieder den König persönlich beraten sollten. So wurde die Fronarbeit verboten, die Sklaverei wurde abgeschafft, das Glücksspiel wurde verboten (das war der häufigste Grund dafür, dass Menschen in die Schuldknechtschaft fielen), die Niederwerfung vor dem König wurde abgeschafft und Regierungsbeamte konnten dem König schriftlich ihre Meinung mitteilen (ohne mit Strafen rechnen zu müssen).
Rama V ließ keinen Stein auf dem anderen
Der König reiste oft anonym durchs Land und konnte dabei viele Schwachstellen aufdecken. Es entstanden so viele kleine Reformen und Verbesserungen, die das Vertrauen der Bevölkerung in den Staat und die Monarchie stärkten. Mit der Einführung des Thesaphiban-Systems zur Verwaltung des Landes hebelte er das traditionelle, südostasiatische Mandala-System der Machtausübung aus. Das ganze Land war nun der Zentralregierung unterstellt, es wurden Provinzen (Changwat) gebildet die zu großen Kreisen (Monthon) zusammengefasst wurden und von Bevollmächtigten des Innenministeriums beaufsichtigt wurden. Es wurden Schulen gebaut und Englisch als Unterrichtsfach eingeführt. Herausragende Schüler wurden mit Stipendien ausgestattet und nach Europa geschickt, ganz gleich woher die Kinder kamen oder welchen gesellschaftlichen Stand ihre Familien hatten. Der König ließ auch Krankenhäuser bauen, doch zu dieser Zeit vertrauten die Thais noch mehr der Kräuterheilkunde als westlicher Medizin und waren entsprechend skeptisch.
Im Laufe seiner Regentschaft hat er mit dem, erst strategisch motivierten, Bau von Eisenbahnstrecken begonnen, bei seinem Tod gab es bereits 774 Kilometer Bahnstrecken. Die Modernisierung des Rechtssystems übertrug König Chulalongkorn 1897 einem seiner Söhne, den er nach abgeschlossenem Studium in Oxford zum Justizminister machte. Gemeinsam mit dem königlichen Berater Gustave Rolin-Jaequemyns, einem belgischen Juristen, überarbeitete, reformierte und modernisierte Prinz Rabi Badhanasakti das thailändische Recht von Grund auf. Auch in der Religionspolitik war Rama V ein moderner Herrscher, er vertrat die Religionsfreiheit, gleichwohl er dem Buddhismus innig und tief verbunden war. Durch Landschenkungen sorgte er dafür, dass christliche Kirchen und islamische Moscheen gebaut werden konnten.
Thailand war nie unter Kolonialherrschaft
König Chulalongkorns außenpolitischem Geschick, seiner modernen und weltoffenen Haltung und seinen großartigen Reformen ist es zu verdanken, dass Thailand niemals von einer Kolonialmacht beherrscht wurde. Im Gegenteil war Siam ein anerkannter und akzeptierter Pufferstaat zwischen den Kolonialgebieten Südostasiens. Er knüpfte als erster siamesischer König direkte Kontakte zu den europäischen Königshäusern. Durch die Übergabe kleinerer Teile des Reiches an die Franzosen und Briten konnte der König die Souveränität und Integrität Siams bewahren.
Delikat – Der Innere Palast
Im Inneren Palast residierten ausschließlich Frauen, und zwar zu den besten Zeiten in etwa 3000 an der Zahl. König Chulalongkorn hatte 153 Ehefrauen und 76 Kinder. Allen Männern, außer dem König selbst, dessen Privatquartiere sich im Inneren Palast befanden, war der Zutritt strengstens untersagt. Auch seine Söhne mussten nach Erreichen des elften Lebensjahres draußen bleiben. Neben den Ehefrauen bewohnten Konkubinen, Richterinnen, Wachposten, Geldverleiherinnen, Dienerinnen und Köchinnen den Inneren Palast. Dieser Harem war dreimal größer als der umfangreichste, bekannte Harem des Osmanischen Reiches.
Die Geburt eines Kultes
In Thailand heißt der Feiertag „Wan Piyamaharat“ was übersetzt Tag des geliebten, großen Königs heißt. Der Sohn Chulalongkorns, König Vajiravudh Rama VI, verlieh seinem Vater den Titel Piyamaharat posthum und ordnete dessen öffentliche Verehrung an. In den 1980-1990er Jahren entwickelte sich unabhängig von den staatlichen Zeremonien eine Art religiöser Kult um Rama V. Chinesisch stämmige Unternehmer aus Bangkok fingen während des wirtschaftlichen Booms von 1987 bis 1996 an, den verstorbenen König wie einen Schutzgeist für wirtschaftlichen Wohlstand, gegen korrupte Beamte und gegen Schwankungen der Weltwirtschaft zu verehren und anzurufen. Dieser neue Chulalongkorn-Kult breitete sich schnell durch alle Gesellschaftsschichten aus, sodass es während der Asienkrise 1997 und 1998 zu wöchentlichen Gebeten und Darbringungen an der Statue des Königs in Bangkok kam.
Heute sind in vielen Haushalten Bilder von Rama V verbreitet, und es werden Bücher und Hefte mit von ihm verfassten Texten gedruckt.
Die UNESCO hat die Archivdokumente von König Chulalongkorn und der Transformation Siams auf die Liste des Weltkulturerbes gesetzt.
Rama V und Koh Phangan
König Chulalongkorn besuchte 1888 zum ersten Mal Koh Phangan, wobei er die Wasserfälle von Than Sadet besichtigte und darin badete.
Die Insel, insbesondere die Wasserfälle, gefielen dem König so gut, dass er noch weitere 14 Mal hierher reisen sollte. Sichtbares Zeugnis dieser Besuche sind die königlichen Inschriften an mehreren Felsen am Wasserlauf. Auch andere Könige Thailands kamen nach Than Sadet, das übersetzt in etwa „von Königen besuchter Fluss“ heißt. Rama V ist auch oberhalb des Wasserfalls an der Straße zum Haad Sadet mit einer Statue verewigt.